Die Präsentation von Googles Sprachassistenten Duplex im Mai 2018 warf viele Fragen auf. Das Künstliche Intelligenz einen großen Anteil an der Automatisierung von Prozessen, z.B. im Marketing beiträgt, ist kein Geheimnis. Dass eine Maschine es jedoch schafft, die menschliche Stimme so gekonnt zu imitieren und durch Machine Learning derart zielsicher eine Konversation am Telefon zu führen, ist verblüffend.
Spätestens seit den digitalen Assistenten Siri und Alexa und ihren Begleitprodukten wie Apples HomePod oder Amazons Echo ist Voice Marketing bzw. Voice Service im Alltag omnipräsent. Das Google nun mitzieht ist daher kein Wunder. Doch was genau steckt hinter der künstlichen Intelligenz? Welche Entwicklung zeichnet sich dadurch im Marketing ab?
Definition
Entspricht das Handeln einer Maschine bzw. einer digitalen Anwendung dem der menschlichen Intelligenz, spricht man von künstlicher Intelligenz. Eine solche Maschine ist nicht starr programmiert, sondern in der Lage trainiert zu werden bzw. dazuzulernen. Sie erreicht dies auf zwei Wegen: Auf Basis von ihr zur Verfügung stehenden Datenquellen lernt die Maschine kontinuierlich dazu, dies nennt man Mashine Learning. Durch Predictive Analytics, ein Verfahren in dem Datenanalysen verwendet werden, um Vorhersagen zu treffen, kann die selbstlernende Maschine beispielsweise Konsumverhalten oder Kundenwünsche vorausahnen. In Zukunft werden wir also bereits beim Öffnen einer Suchmaschine die gewünschte Antwort erhalten können.
Voice Marketing auf dem Vormarsch
Google Duplex ist ein Vorreiter für etwas, was in Zukunft alle Bereiche des täglichen Lebens beeinflussen wird. Es ist formal gesehen eine Erweiterung des sprachbasierten digitalen Assistenten Google Assistant. Die KI hinter Duplex ist in der Lage, eigenständig Telefonate zu führen (z.B. um einen Friseurtermin zu vereinbaren) und inhaltlich korrekt auf selbst kleinste Nuancen innerhalb der Konversation zu reagieren. Und das mit einer Stimme, die nicht (oder kaum) von einer echten Stimme zu unterscheiden ist. Im Sommer 2018 möchte Google Duplex bereits als offizielle Testversion im Google Assistant auf den Markt bringen. Weitere KI-Projekte sind bereits in der Entwicklung, so soll beispielsweise Gmail, Googles Mailprogramm, bald in der Lage sein, Satzvorschläge beim Tippen zu unterbreiten, die Tage, Uhrzeiten und komplette Formulierungen enthalten.
Das Ziel hinter dem Einsatz einer solchen KI ist klar: Über sie sollen noch genauere Kundendaten erstellt werden können. Denn „persönliche“ Gespräche liefern den Unternehmen aufschlussreiche Daten, welche die KI ganz automatisiert in aussagekräftige Informations- und Datenpakete bündeln kann. Um diese Gespräche so real wie möglich zu gestalten, ist die Stimme ein entscheidender Faktor.
Die Nachahmung der menschlichen Stimme
Googles Duplex ist aktuell in der Lage, sechs unterschiedliche, real klingende Stimmen zu verwenden (1). Dafür verantwortlich ist Wavenet. Die Technologie stammt von Googles englischer Tochterfirma DeepMind. Google übernahm das Unternehmen bereits 2014. Wavenet synthetisiert Sprache mit menschenähnlicher Betonung und Interpretation von Silben, Phonemen und Wörtern. Die Technologie lässt dabei Sprachsynthesizer wie beispielsweise Apples Siri hinter sich. Siri verwendet eine sogenannte konkatenative Synthese. Diese Methode hat sich in den letzten Jahren zwar stark verbessert, aber sie kommt nicht an Stimmlage und Aussprache der synthetischen Sprache von Wavenet heran (2).
Kennzeichnung sprechender Maschinen
Im Anschluss an die Duplex-Präsentation gab Google bekannt, dass es eine klare Kennzeichnung des Sprachassistenten geben soll. Laut dem Unternehmen soll er sich zu Beginn einer Unterhaltung als solcher identifizieren. Zudem wird der Gesprächspartner darüber informiert, dass das Telefon mitgeschnitten wird. Dies geht jedoch nur mit dessen Einverständniserklärung. Ähnlich wird es sich für jene Maschinen und Produkte verhalten, die nun folgen werden. Die Kennzeichnung ist wichtig um Transparenz zu schaffen und die Privatsphäre zu schützen. Denn die hat gerade hier in Europa nicht erst im Zuge der DSGVO einen enorm hohen Stellenwert.
Ausblick
Marketingmaßnahmen sollen durch Voice Marketing bzw. Voice Services zukünftig noch effizienter werden. Mit Produkten wie Invoca können laut Aussage des Herstellers selbst Offline-Unterhaltungen mit digitalen Maßnahmen verbunden werden. Das bedeutet, Anrufe und Gespräche werden genau wie Klicks und Website-Zugriffe analysiert und ausgewertet. Das geschieht indem u.a. Sprachmuster von der künstlichen Intelligenz identifiziert und ausgewertet werden um daraus im Zuge der Predictive Analytics bestimmte Absichten und Ergebnisse abzuleiten.
Voice Marketing wird sich auf zukünftige Mobile- und SEO-Strategien auswirken. Sprachbasierte Suchanfragen werden stark zunehmen. Und sie unterscheiden sich von geschriebenen Suchanfragen. Innerhalb der Voice Search wird evtl. Kein Keyword eingegeben, sondern eine ganze Frage oder Wörter in einem bestimmten Kontext (wie z.B. dem Ort an dem man sich gerade befindet). Bestehende, digitale Inhalte wie Texte und Produktinformationen müssen diesbezüglich angepasst und überarbeitet werden. Dies verstärkt den Wettbewerb von Unternehmen und Produkten im Hinblick auf ihr Ranking innerhalb der Suchergebnisse enorm. Ein Sprachassistent wird bei einer Suchanfrage welche evtl. nicht über das Display oder einen Screen ausgegeben wird, nicht die 10 bis 15 besten Ergebnisse vorstellen, sondern nur noch das erstbeste oder die zwei besten Ergebnisse.
Fazit
Selbsterlernende Maschinen und Programme sind insbesondere aus dem Marketing nicht mehr wegzudenken. Das zeigt die steigende Anzahl der Unternehmen, die sprachbasierte Leistungen anbieten. Alleine für Amazons Sprachassistenten Alexa haben bereits Zahlreiche Unternehmen wie die Techniker Krankenkasse, MyTaxi oder die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) eigene sprachbasierte Anwendungen (sogenannte „Skills“) entwickelt (3). Mit Sicherheit werden diese konsequent weiterentwickelt, um die KI auf das technologische Level von Duplex zu bringen.
Sprachassistenten sind ein großer Markt mit enormen Wachstumspotenzial. Laut Adobe soll die Verwendung von Sprachassistenten alleine im Jahr 2018 um 130% wachsen (4). Dies wird wie bereits erwähnt Auswirkungen auf Suchmaschinenoptimierung und -marketing haben. Unternehmen sollten sich bereits jetzt darauf einstellen. Vor zehn Jahren standen Marketingverantwortliche vor der Aufgabe, den Umstieg auf mobile Endgeräte zu meistern. Heute stehen sie vor der Herausforderung Sprache clever in ihre Marketingmaßnahmen zu implementieren und aufeinander abzustimmen.
Für all jene, die Googles Duplex Präsentation nich nicht gesehen haben, hier ein kurzer Ausschnitt: