Was eine Marke wert ist und ob eine monetäre Markenbewertung für Unternehmen sinnvoll ist, darüber gab und gibt es konträre Meinungen. Oft wissen Unternehmer und Marketingverantwortliche nicht, auf welche Methoden und Standards für die Ermittlung eines Markenwertes zurückgegriffen werden soll.
Ein Beispiel: Im Brand Finance Global 2016 Report von Brand Finance wird der Markenwert von Apple mit 145,918 Millionen US-Dollar ausgewiesen (1). Das im gleichen Jahr von Interbrand herausgebrachte Markenranking „Best Global Brands“ gibt den Markenwert Apples mit 178,119 Millionen US-Dollar an (2). Das ist eine Differenz von 32,201 Millionen US-Dollar. Beide Rankings sind im übrigen ISO-zertifiziert.
Dennoch ist klar, dass die Marke ein zentraler Bestandteil des Unternehmenswertes ist. Wirtschaftsberatungen wie Ocean Tomo zeigen in ihren Studien, dass der immaterielle Vermögenswert in großen Unternehmen stetig steigt. Patente und Marken sind hierfür die zentralen Faktoren. Marken wie Porsche, Nivea oder Miele zeigen, dass starke Marken trotz eines vermeintlich höheren Preises häufiger gekauft werden.
Laut einer Studie der PWC aus dem Jahre 2012 geht hervor, dass 91% der Unternehmen die Marke zu den wichtigsten Einflussgrößen des Unternehmenserfolgs zählen (3).
Auch wenn eine solche Markenwertermittlung (noch) kein Massenphänomen ist, gibt es doch Maßnahmen und Verfahren, die branchenübergreifend etabliert sind. Grund genug für eine fachliche Bestandsaufnahme zum Status Quo sowie den zukünftigen Perspektiven der Markenwertermittlung.
Wann macht die Markenbewertung Sinn?
Unternehmensinterne Berichterstattung
Ein straffes Kostenmanagement erfordert es, dass Abteilungen wie Marketing, Unternehmenskommunikation oder PR regelmäßig ihre Ausgaben rechtfertigen müssen. Eine Markenwertermittlung kann z. B. dem Marketing als Leistungsnachweis dienen. Oft fehlt es den Marketingverantwortlichen am nötigen Standing innerhalb des Unternehmens, weil sich die durch das Marketing gesteuerten Maßnahmen nicht immer in konkreten Zahlen wiedergeben lassen. Hier kann ein monetärer Markenwert, bzw. seine Veränderung zu vorherigen Jahren, für Klarheit sorgen und den wirtschaftlichen Erfolg der jeweiligen Marketingmaßnahmen messbar machen.
Finanzielle Transaktionen
Bei Übernahmen und Finanzierungsvorhaben, also immer dann wenn tatsächlich Geld fließen soll, kann eine Ermittlung des Markenwertes sinnvoll sein. Auch beim Verkauf eines Unternehmens oder seiner Markenrechte sind Markenstärke und Markenwertschöpfung relevante, monetäre Faktoren. Der Markenwert kann – nachvollziehbar aufgeschlüsselt und evaluiert – in Bankgesprächen, beispielsweise im Hinblick auf Konditionen für Investitionsdarlehen oder die Lizenzierung einer Marke eine wichtige Komponente sein.
Rechtliche Aspekte
Der Markenwert spielt rechtlich eine große Rolle, wenn es z. B. um Streitschlichtungen oder Schadensersatzansprüche bei Markenrechtsverletzungen (wie Produktpiraterie) geht. Auch im Hinblick auf steuerliche Aspekte kann ein definierter Markenwert für das Unternehmen eine wichtige Komponente sein.
Werden Marken(rechte) im Rahmen einer Unternehmensübernahme übertragen, dient der monetäre Markenwert dabei, den jeweiligen Grenzpreis zu ermitteln.
Welche Verfahren und Maßnahmen gibt es?
DIN-ISO-Norm 10668
Auf europäischer Ebene ist seit 2010 mit der DIN-ISO-Norm 10668 „Markenbewertung – Anforderungen an die monetäre Markenbewertung“ ein Handlungsrahmen geschaffen worden, der gängige Verfahren und grundlegende Basisanforderungen zur Wertermittlung umfasst. Die DIN ISO Norm 10668 wurde inzwischen auf Deutsch und Englisch publiziert. Sie ist keine Verfahrensweise, legt aber Mindeststandards fest, die zu einer Vereinheitlichung der Bewertungsergebnisse führen soll.
Die DIN-ISO-Norm ist auf Grund unterschiedlicher Interessen und Ansichten der verschiedenen Länder jedoch kein europaweites Standardverfahren. Ein europäischer Standard wäre jedoch wünschenswert, da die DIN-ISO-Norm 10668 zum Teil von Dritten zur Zertifizierung von Bewertungsverfahren herangezogen wird, obwohl sie dafür nicht ausgelegt ist. Weitergehende Informationen zur DIN-ISO-Norm 10668 finden Sie hier.
Standard IDW S5
Das Deutsche Institut der Wirtschaftsprüfer formulierte bereits im Jahr 2006 einen Standard mit Namen IDW S5 „Grundsätze zur Bewertung immatrieller Vermögenswerte“, welcher Beschreibungen diverser Bewertungsansätze beinhaltet. Der Standard legt praxisorientierte betriebswirtschaftlichen Grundsätze dar, welche Wirtschaftsprüfern zur Bewertung von immateriellen Vermögenswerten dienen. Das Deutsche Institut der Wirtschaftsprüfer spricht sich dabei für die Mehrgewinnmethode zur Markenwertermittlung von Produktmarken aus. Weitere Informationen zum Standard IDW S5 finden Sie hier.
Fazit
Internationale oder europäische Standards für die Ermittlung des monetären Markenwerts fehlen leider noch. Der Markenwert ist nach wie vor häufig ein abstrakter Geldwert. Das mag sich in Zukunft ändern. Unternehmen wie der Sitzhertsteller Recaro nehmen den Markenwert als Grundlage für unternehmensstrategische Maßnahmen. Und auch Banken akzeptieren die Marke als finanziellen Wert: Das Unternehmen Underberg AG trat das Markenrecht für ihre Spirituosenmarke Asbach an eine Leasinggesellschaft ab, um es nach Ablauf der Vertragslaufzeit dann wieder zurückzukaufen (4). Ähnliches machte das Modelabel Closed als es investieren wollte, aber kein klassisches Anlagevermögen besaß.
Ist der monetäre Markenwert nachvollziehbar und transparent ermittelt, profitieren Unternehmen in mehrfacher Hinsicht. Zum einen, wie bereits erwähnt im Dialog mit Banken und Geldgebern, zum anderen aber auch im intern die eigenen Werttreiber identifizieren und langfristig steuern zu können.
Jedes Produkt, jede Anwendung und jede Dienstleistung braucht – um wahrgenommen und als positiv empfunden zu werden – ein Design. Es wird für Unternehmen auch weiterhin enorm wichtig sein, ihre Produkte trennscharf von denen des Wettbewerbs abzugrenzen, ihre Stärken sichtbar zu machen um sich so durch Design einen Mehrwert zu verschaffen, der über den reinen Produktnutzen hinausgeht.