Ist Programmatic Advertising nur ein weiteres Buzz-Word aus der Marketingwelt oder ist es tatsächlich die mittelfristige Zukunft des Online-Marketing oder sogar der Werbung im allgemeinen? Ist der programmatische Ansatz ein verlässlicher Wachstumstreiber oder bietet er nicht das Potenzial um langfristig bestehende Bewerbungsmethoden abzulösen? Wir widmen dem Thema einen zweiteiligen Artikel und klären zunächst, was sich genau hinter der Begriff „programmatic“ verbirgt.
Definition
Als „programmatisch“ bezeichnet man den in Echtzeit vorgehenden Prozess des vollautomatischen und individualisierten Ein- und Verkaufs von Werbebannern, z.B. auf Computern und mobilen Endgeräten. Die zu sehenden Werbeinhalte werden auf Basis von gesammelten Nutzerdaten innerhalb von Millisekunden auf Basis eines Transaktionsvorganges vergeben und bespielt. Dieser individuelle Auswahlprozess innerhalb des Programmatic Advertising (PA) wird als Real Time Bidding (RTB) bezeichnet. Er ist ein reiner Auktionsprozess an dessen Ende der Höchstbietende den Zuschlag erhält und mit seiner Werbung die Fläche bzw. den Banner bespielen darf.
Der gesamte Prozess des Programmatic Advertising erfolgt immer dann, wenn ein User eine Website bzw. eine digitale Anwendung besucht, auf der sich Werbeflächen befinden, die mittels Programmatic Advertising monetarisiert werden. Die Werbeflächen werden dabei nicht mehr manuell (z.B. über den klassischen Werbeeinkauf) für eine beliebige Anzahl von Einblendungen gemietet, sondern nutzerbezogen und individuell für eine einzelne Einblendung eingekauft.
Programmatic Advertising ≠ Real Time Bidding
Programmatic Advertising bezeichnet den kompletten Vorgang der völlig automatisierten softwarebasierte Methode, Werbeflächen bzw. -banner zu buchen und auszuspielen. Das Real Time Bidding ist hingegen nur ein Bestandteil des Programmatic Advertising, es bezeichnet das automatisierte Preisfindungsverfahren, welches dem Programmatic Advertising zugrunde liegt.
Die Technologie
Die Anfänge der dem Programmatic Advertising zugrundeliegenden Technologie gehen auf US-amerikanischen Unternehmen wie Yahoo und MSN zurück. Sie waren die ersten, die ihre Online-Werbeflächen mit der Möglichkeit einer gezielten Ansteuerung (Targeting) zur Verfügung stellen. Im Jahr 2000 folgte dann Google mit AdWords, dem heute weit verbreiteten Self-Service-Anzeigenprogramm.
Die Technologie basiert auf intelligenten Algorithmen welche für eine gezielte, fortlaufende und datengestützte Analyse und Erweiterung der zu bespielenden Zielgruppen sorgen. Über sogenannte Data-Management-Plattformen fließen dabei zusätzliche Informationen für die Identifizierung von Zielgruppen und Lookalike-Audiences ein.
Data-Management Plattform (DMP)
Eine Data-Management Plattform erlaubt es Unternehmen, Daten von Kunden und Nutzern zu sammeln, zu zentralisieren, zu verwalten und gezielt zu nutzen. Die Datenbank erhält ihre Informationen aus einer Vielzahl an Kanälen uns führt diese zusammen. Dabei handelt es sich beispielsweise um Navigationsdaten (dazu gehören u.a. getätigte Suchanfragen oder nicht abgeschlossen Kaufvorgänge), Display-Daten (angezeigte und angeklickte Werbebanner), Offline-Daten (wie z.B. Mailing-Aktionen oder versendete Kataloge) die zuvor von den Werbetreibenden käuflich erworben werden müssen. Sie bieten Aufschluss über beispielsweise demographische, soziodemografische oder verhaltensbezogene Merkmale der Nutzer. Ergänzt werden können diese durch Daten aus den unternehmenseigenen CRM-Programmen (dazu gehören Service-Daten, Kundenprofile, Gruppeninformationen, etc.).
Publisher und Advertiser
Das Programmatic Advertising kann aus zwei unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden. Zum einen gibt es Advertiser (Werbungstreibende). Sie möchten mit Online-Maßnahmen wie App und Bannerwerbung ihr Unternehmen, ihre Produkte oder Dienstleistungen bewerben. Die dafür nötigen Werbeflächen bieten die Publisher (Website-Betreiber), die eben jene Flächen monetarisieren möchten.
Vier Arten der programmatischen Transaktion
Die Zuweisung der Werbeflächen im Programmatic Advertising erfolgt nicht immer auf die gleiche Art und Weise. Durch die konstante Weiterentwicklung der bestehenden Technologie entstanden neue Transaktionsmodelle hinzu, die nicht zwingend über Real Time Bidding abgewickelt werden mussten. Dazu gehören beispielsweise Private Deals, die nur zwischen einzelnen Publishern und Werbungtreibenden geschlossen werden. Aktuell gibt es aktuell vier Arten der Transaktion:
1. Automated Guaranteed (bzw. Private Deal)
Dieser Vorgang kommt dem klassischen Mediaeinkauf am nächsten. Hierbei kommt es zu einer reinen Transaktion, keiner Auktion. Der Advertiser erhält die Werbefläche unter Garantie und zu einem im Vorfeld definierten Fixpreis.
2. Unreserved Fixed Rate (bzw. Preferred Deal)
Auch beim Vorgang der Unreserved Fixed Rate wird der Preis im Vorhinein festgelegt, die letztendliche Werbefläche (auch „inventar“ genannt) ist jedoch nicht garantiert.
3. Invitation-Only Auction
Beim Vorgang der Invitation-Only Auction handelt es sich um eine öffentliche Auktion mit begrenzter Teilnehmerzahl. Der Publisher legt fest. Welche und wie viele Advertiser sich an der Auktion beteiligen können.
4. Open Auction
Hinter Open Auction verbirgt sich das ursprüngliche Transaktionsmodell welches auch Real Time Bidding genannt wird. Die Werbeflächen sind für alle frei zugänglich und der Preis, und somit der Höchstbietende, werden im Zuge der Auktion ermittelt.
Der Ablauf einer Transaktion
Wie gelangt nun die finale Werbeanzeige zum Nutzer? Wir versuchen uns an einer vereinfachten, leicht verständlichen Erklärung:
Besucht der Nutzer die Website eines Publishers wird eine entsprechende Anfrage (Bid-Request) erzeugt. Diese geht an einen Pool von möglichen Werbeanzeigen (gesammelt auf einer Demand-Side-Platform). Über diesen Pool können dann alle Advertiser/Vermarkter über eines der beschriebenen Transaktionsmodelle, ihre Werbung platzieren (ist im Vorfeld kein Fixpreis festgelegt, bekommt der Höchstbietende den Zuschlag). Über einen iFrame wird die entsprechende Werbung in die Website des Publishers integriert und dem User angezeigt. Ein iFrame, auch Inlineframe genannt, ist ein html-Element und hilft dabei, Webinhalte als in einem definierten Bereich des Browsers (bzw. der Website) anzuzeigen.
(Ende Teil 1)
Im zweiten Teil zu „Programmatic Advertising“ widmen wir uns dem Umfeld des Programmatic Advertising und wagen einen Ausblick auf die weitere Entwicklung der „Werbung in Echtzeit“.