Der digitale Wandel bietet nicht nur Chancen für innovative und nutzerzentrierte Geschäftsmodelle, Ideen und Werbeformen, sondern auch für neue Betrugsmethoden. Eine dieser Betrugsmethoden ist „Ad-Fraud“.
Werbekunden kaufen Werbeplatzierungen von Vermarktern ein. Die Vermarkter behalten eine „Vermittlungsgebühr“ und kaufen die benötigten Anzeigenplätze den einzelnen Publishern ab. Wenn der Webseitenbetreiber in gewünschten Zeitraum nicht die versprochene Reichweite liefern kann, kauft dieser sich seine Reichweite über weitere Publisher, Vermarkter oder Vermarktungs-Networks ein. Es entsteht eine lange „Zulieferkette“ und damit ein undurchsichtiger Reichweitenhandel – ein Nährboden in dem betrügerische Anbieter ihren Platz finden.
Ad-Fraud verursacht alleine im US-Markt einen Schaden von 8,2 Milliarden US-Dollar. Share on XDer Werbekunde (das werbetreibende Unternehmen) merkt dann vielleicht gar nicht mehr, ob der Vermarkter und Händler in dritter und vierter Hierarchie ein Bot-System ist.
Definition
„Ad-Fraud“ bezeichnet grundsätzlich das betrügerische Vortäuschen einer nicht oder falsch erbrachten Werbeleistung. Es gibt unterschiedliche Formen des Ad Fraud, die sich hinsichtlich technischer Raffinesse und betrügerischer Kaltschnäuzigkeit deutlich unterscheiden. Die meisten Formen nutzen hierzu sogenannte Crawler oder Bots. Dies sind Softwareprogramme, die Webseiten aufsuchen und dort automatisiert Seitenaufrufe, Adclicks oder auch ganze Kaufaktionen auf der Zielseite simulieren.
Welche Formen von Ad-Fraud gibt es?
1. Klickbetrug
Von Klickbetrug spricht man, wenn der Klick auf das Werbemittel von der betrügerischen Manipulation betroffen ist. Die einfachste Form des Klickfrauds ist so alt wie die Internetwerbung: Ein Publisher oder Vermarkter klickt selbst auf die bei ihm eingebuchte Anzeige, um die Klickrate nach oben zu treiben.
2. Impressionfraud
Hierbei wird die Werbeeinblendung vorgetäuscht. Tatsächlich ist die Anzeige überhaupt nicht sichtbar.
3. Pixel Stuffing
Internetseiten werden in Millionen von Pixeln angezeigt. In einem einzelnen Pixel kann man eine Anzeige, manchmal sogar bereits eine ganze Website verstecken. So ein manipulierter Pixel ist für den normalen User nicht sichtbar, wird allerdings als Impression beim Besuch einer Website gezählt.
4. Ad Stacking
Anzeigen werden auf einem einzelnen Werbeplatz übereinander gestapelt. Nur die oberste Anzeige (die auch nach dem Zufallsprinzip aus dem Stapel aufgerufen werden kann) ist tatsächlich sichtbar. Die dahinter liegenden, nicht sichtbaren Anzeigen generieren ebenfalls Impressions.
Adware und Surfbars
Surfbars sind eine Variante von Adware, bei denen User sich aktiv anmelden können. Angemeldete User erhalten eine minimale Vergütung dafür, dass im Hintergrund oder einem kleinen zweiten Browserfenster beliebige Webseiten geladen werden. Der Webseitenbetreiber kann diesen „Traffic“ ganz offiziell einkaufen, um sein Auslieferungsvolumen zu erhöhen.
Facts ’n Figures
In den USA ist Ad-Fraud bereits seit einiger Zeit ein schwerwiegendes und relevantes Thema. Nach der Studie „BOT BASELINE 2016–2017: Fraud in Digital Advertising“ verzeichnet das Ad-Fraud zwar in 2017 einen Rückgang von 10%, beträgt aber immer noch umgerechnet 6,5 Milliarden US-Dollar.
In einer anderen Studie vom Interactive Advertising Bureau (IAB) wird das Ad-Fraud-Problem im US-Markt für einen Schaden von 8,2 Milliarden US-Dollar verantwortlich gemacht.
Laut eines Artikels in der aktuellen w&v (Oktober 2017) wird nach Angaben der Marktforscher von Juniper Research für 2018 ein weltweiter Schaden von 19 Mrd. prognostiziert. Bis 2022 soll sich der Schaden nach Angaben der Markforscher sogar auf 44 Mrd. mehr als verdoppeln. Der zunehmend vollautomatische Ein- und Verkauf von Werbeflächen in Echtzeit führt zu einem steigenden Kontrollverluste der Unternehmen über ihre Werbeumfelder und macht es Betrügern zunehmend leichter Klickzahlen und Impressions zu fälschen.
Ad-Fraud ist seit geraumer Zeit auch in Deutschland zu beobachten. Zum Ausmaß gibt es jedoch Unklarheit und allgemeine Standards sind noch nicht hinreichend definiert.
So hat die Fokusgruppe Digital Marketing Quality (DMQ) im BVDW Daten von fünf Messdienstleistern (batchmedia, comScore, Integral Ad Science, Meetrics, Moat) aggregiert und ausgewertet.Dabei kommen sie zum Schluss, dass lediglich 2,2% der betrügerischer Online-Werbekontakte im deutschen Markt unter Ad-Fraud fallen.
Wie schwierig ist es Ad-Fraud aufzudecken?
Ohne Hilfe von Maschinen und Algorithmen wird es zunehmend schwieriger die Betrugsmaschen aufzudecken. Unregelmässige Ausschläge von Klickzahlen, die zu identischen Zeiten oder mitten in der Nacht generiert werden, können ein Hinweis auf Ad-Fraud sein. Ebenso die Verweildauer auf Webseiten, die bei Menschen, im Vergleich zu Maschinen, eher unterschiedlich ist. Viele Klicks von derselben IP-Adresse oder von mehreren IP-Adressen, aber vom selben Gerät, lassen ebenfalls auf einen Betrug schliessen.
Gute Impressions erkennt man auch daran, dass diese oft kleine Tags enthalten – Java-Scripte, die Signale senden und anhand dieser sich die Qualität vor der Auslieferung prüfen lässt.
In der Regel sind nur wenige Marketing- und Digitalverantwortliche in der Lage, Ad-Fraud in einem Reporting zu erkennen. Hinzu kommt, dass sich das Betrugsnetzwerk ständig weiterentwickelt. Laufend werden neue Methoden ausgearbeitet, die immer schwerer zu entdecken sind und sich noch schneller verbreiten. Der Mensch kann viele Betrugsmuster auf diesem Niveau längst nicht mehr ohne technische Hilfe erkennen und bekämpfen.
Gute Impressions erkennt man auch daran, dass diese oft kleine Tags enthalten – Java-Scripte, die Signale senden und anhand dieser sich die Qualität vor der Auslieferung prüfen lässt.
Wie schützt man sich vor Ad-Fraud?
Die Bedeutung von CPM (click-per-minute) und PPC (pay-per-click) nimmt weiter ab. Der „Click-Throught“ und die Conversion-Rates eignen sich besser als KPI (Key Performance Indikator) – auch wenn die neusten Bots der Betrüger schon komplette Kaufvorgänge simulieren können. Wichtig ist das Wissen darüber, woher die eingekauften Werbeplätze und Impressions ihren Ursprung haben.
Inzwischen gibt es auch Technologieanbieter (Ad-Verification) mit Hilfe deren Software es möglich ist, Ad-Frauds aufzuspüren und betrügerische Quellen zu blockieren.
Verification-Technologien
Die Fraud-Detection-Technologien der verschiedenen Anbieter sind sehr unterschiedlich und werden nicht veröffentlicht. Da sich Ad-Verification-Anbieter in einem Wettrennen mit den Hackern und Botnet-Betreibern befinden, müssen seriöse Anbieter ihre Technologien ständig weiterentwickeln.
Obwohl es einige eindeutige Signale gibt, anhand derer Ad-Fraud identifiziert werden kann, sind Fraud-Detection-Technologien sehr unterschiedlich. Die Fähigkeit, nicht nur eine Kombination aus getesteten Strategien, sondern auch proprietäre Technologien anzuwenden, kann nur eine bestimmte Zeit lang erfolgreich sein. Botnet-Betreiber und andere Betrüger entwickeln permanent neue Wege, um ohne viel Aufwand an Werbegelder zu gelangen.
Fazit
Die Anzeichen des Mißbrauchrückgangs der letzten zwei Jahre lässt positive Entwicklungen im Kampf gegen Ad-Fraud erkennen. Die seriösen Ad-Verification-Anbieter müssen ihre eigene Technologie beständig weiterentwickeln, um nicht von neuen Ansätzen von der anderen Seite überrannt zu werden. Für die Digitalverantwortlichen und Marketeers in den Unternehmen bedeutet „Wissen Macht“. Dementsprechend sollten sich diese der Problematik, Praktiken und Lösungen des Ad-Fraud bewusst werden, um nicht wertvolles Marketingbudget zu verbrennen.