Und plötzlich sind sie wieder da. Manchmal stoßen wir in den unterschiedlichsten Bereichen oder Situationen auf Marken, die bereits aus unserer Wahrnehmung verschwunden waren. In einigen Fällen mag es tatsächlich allein an unserer Wahrnehmung liegen. Oft haben solche Marken aber zum Teil über Jahre faktisch gar nicht mehr existiert.
Die Gründe für den Untergang oder das wenig erfolgreiche Dahinvegetieren einst erfolgreicher Marken können unterschiedlicher Natur sein. Missmanagement, fehlende Kundentreue, eine schwächelnde Wirtschaft oder verpasste Technologiesprünge können bereits das Aus für eine Marke bedeuten.
Wieso werden Marken wieder eingeführt?
Unternehmen können sich aus unterschiedlichen Gründen dafür entscheiden, einer vergangenen oder in die Tage gekommenen Marke neues Leben einzuhauchen. Das können z. B. Zeit- oder Kostengründe sein.
Auch psychologische Aspekte können gegen die Entwicklung einer komplett neuen und für die Wiederbelebung einer bereits existierenden Marke sprechen: Auf „bewährtes“, bereits aus Jugendtagen bekanntes, zurückzugreifen, liegt im Trend. Davon zeugt der Rotbäckchen-Saft aus dem Hause Rabenhorst ebenso wie die Naturarznei Klosterfrau Melissengeist oder die Sarotti-Schokolade.
Einer vergangenen Marke neues Leben einzuhauchen sollte aus unternehmensstrategischer Sicht gut überlegt sein. Ist die Marke in irgendeiner Weise noch in den Köpfen der Rezipienten vorhanden und relevant? Kann im Sinne des Unternehmens und seiner aktuellen Ausrichtung auf den Namen, dem Image oder der Wertebasis aufgebaut werden? Kann die Marke in einen zeitgemäßen Kontext gebracht werden? Auch rechtlich ist eine Wiedereinführung vorab zu prüfen, da es evtl. zu Konflikten mit aktuell existierenden Marken kommen kann.
Vorteile einer Wiederbelebung
Bestand vorher bereits ein starkes Markenimage und somit ein Vertrauensverhältnis zur Marke, kann nach der Wiederbelebung darauf aufgebaut werden. So können leichter Vertrauen in die Marke und Treue beim Kaufverhalten erzielt werden. Im Vergleich zur Entwicklung einer komplett neuen Markenidentität (berücksichtigt man allein die Aspekte Namensfindung, Design und Maßnahmen zur Produkteinführung) fallen bei der Wiederbelebung einer Marke vergleichsweise geringe Kosten an. Ein weiterer Vorteil: Die entsprechenden Produkte sind schnell wieder in den Köpfen der Konsumenten präsent.
Das Beispiel Schiesser
2011 war die Textilbranche Zeuge einer solchen Wiederbelebung. Nach Jahren der Misswirtschaft stand die Marke Schiesser 2009 vor dem Ende und musste in die Insolvenz. Auch eine Markenbekanntheit von über 95% konnte das Unternehmen nicht retten. Der zuständige Insolvenzverwalter, Volker Grub, glaubte jedoch an die Marke und seine Wiederauferstehung und wehrte alle Forderungen der Gläubiger, das Unternehmen zu zerschlagen oder schnell zu verkaufen, ab.
Es wurde an einer Neuausrichtung des Unternehmens gearbeitet und das Markenprofil nicht zuletzt durch ein überarbeitetes Erscheinungsbild (Corporate Design) verbessert. Die Marke nutzte die Insolvenz für einen Neustart und der Turn-around gelang. Bereits 2010 war die Schiesser AG wieder profitabel. Das Geschäftsjahr 2010 wurde mit einem Umsatz von 118,82 Millionen Euro abgeschlossen. Volker Grub wechselte ins Kontrollgremium des Unternehmens, neue Kollektionen kamen auf den Markt, das unrentable Lizenzgeschäft wurde eingestellt und ein Onlineshop eingerichtet. Die Strahlkraft der Marke sorgte für wirtschaftlichen Aufschwung. Der israelische Wäschekonzern Delta Galil übernahm dann 2012 die Schiesser AG für 68 Millionen Euro, ein Preis der als absoluter Erfolg anzusehen ist und nicht zuletzt auf Grund des hohen Markenwertes erzielt werden konnte.
Das Beispiel Loewe
Lange Zeit war Loewe als Hersteller für Fernsehgeräte eine starke Marke auf dem deutschen Markt. Nach mehreren wirtschaftlichen Rückschlägen folgte jedoch 2013 die Planinsolvenz. Grund dafür waren die steigende Konkurrenz asiatischer Hersteller und der damit verbundene Preiskampf. Technische Innovationen wurden bei Loewe zu spät erkannt und so verlor man die einst starke Marktposition an ausländische Unternehmen. Da man zudem am Produktionsstandort Deutschland (produziert wurde seit je her im oberfränkischen Kronach) festhielt, rutschte das Unternehmen mehr und mehr in die roten Zahlen und verzeichnete hohe Verluste.
Unter der Leitung des CEO Matthias Harsch ergriff das Unternehmen drastische Maßnahmen zur Wiederbelebung. Die gesamte Wertschöpfungskette wurde neu aufgestellt und eine Vielzahl der Mitarbeiter entlassen. Der Produktionsstandort Kronach blieb bestehen. Die Neuausrichtung der Marke sah vor, dass noch die Endgerätmontage in Deutschland stattfindet. Asiatische Firmen dienen als Zulieferer.
Das Markenimage erwies sich auch im Fall Loewe als starkes Kapital und es gelang der Umbruch. Die Marke wurde in Ausrichtung und Kommunikation angepasst, die Produktpalette verringert und der Fokus auf die Entwicklung neuer Software für Smart-TVs gelegt. Neue Kompetenzfelder wurden erschlossen und die Marke gewann wieder an Innovationskraft. Das Unternehmen wird seit dem auf Basis der Marke gezielt ausgebaut, die Mitarbeiterzahl hat sich leicht erhöht. So wurde z. B. 2016 das Vertriebsteam ausgebaut.
Nach der Wiederbelebung: Steuern und vorantreiben
Ist eine Marke erfolgreich wieder eingeführt, gilt es diese gezielt voranzutreiben und vergangene Fehler nicht zu wiederholen. Entscheidend sind Steuerung und Pflege der Marke, ebenso wie unternehmerische Weitsicht. Der Markt fordert seitens der Unternehmen eine enorme Flexibilität, ebenso aber Beständigkeit um das Markenprofil erfolgreich zu penetrieren und um das Vertrauen der Kunden weiterhin zu genießen. Gelingt dies, eröffnen sich dem Unternehmen neue Möglichkeiten. So kann z. B. der Konsum gesteigert werden, wenn den Kunden neue Verwendungsformen oder Anwendungsbereiche aufgezeigt werden.